In meinem fünften Beitrag zum Thema Gehirn und Synästhesie geht es um abstrakte mathematische und logische Strukturen.
Wie kann man sich abstrakte Informationen verbildlichen, um sie sich dadurch besser vorstellen und in Relation zueinander setzen zu können? Der Mensch hat sich komplexe Modelle geschaffen, mit denen er Atome, die Kaka-Farbabstufungen und Schreilautstärke von Babys und die Relativitätstheorie verbildlichen kann.
Es gibt Zahlenstrahlen oder Koordinatensysteme, um Zahlen darzustellen. Für die Zeit gibt es Zeitstrahlen. Wir nutzen Kalender und Wochenplaner, um einen Überblick über die Vergangenheit und die Zukunft zu bekommen.
Bei all diesen Beispielen gibt es Standarddarstellungen, wodurch sich jeder Mensch direkt zurecht findet. Kalender sehen immer ähnlich aus und Zeit- und Zahlenstrahlen verlaufen meist von links nach rechts.
Jemand mit Sequenz-Raum-Synästhesie hat eigene innere Visualisierungen für solche Dinge. Diese Visualisierungen können zum Teil sehr verrückt und anders aussehen als das was man sonst so als Standard kennt.

Meine Wochen sehen so aus wie ein langes gewelltes Band. Ich kann beliebig zu bestimmten Wochen reinzoomen. Auch vergangene Wochen kann ich mir angucken. Das Wochenende ist ein gelber Bereich, weil die Wörter Samstag und Sonntag wegen dem gelben S gelb sind. Nach jedem Wochenende fällt das Band ein Stückchen tiefer und geht danach wieder langsam höher und weiter nach hinten.
Ich kann normale Wochenplaner nicht verwenden. Es geht einfach nicht. Alles in mir sperrt sich dagegen. Sie sehen einfach nicht richtig aus. Außerdem fehlt mir da sonst der Überblick, weil man immer nur eine Woche gleichzeitig sieht auf einer Doppelseite. Irgendwie unpraktisch. In meinem Wochenband sehe ich aber alle Wochen gleichzeitig. Die meisten Termine weiß ich auswendig und sehe sie als markante Flecken auf meinem Wochenband. Mittlerweile notiere ich mir aber sicherheitshalber in einer Listen-App alle wichtigen Termine, damit ich Details wie die Uhrzeit und das exakte Datum auch bei weit entfernt liegenden Terminen nicht vergesse. In dieser Liste sind dann aber alle Termine gleichzeitig zu sehen. Bei den klassischen Jahreskalendern hilft es mir, wenn die Wochenenden gelb markiert sind. Dann kann ich mich besser zurechtfinden. Heutige Apps sind immer anpassbarer. Sehr hilfreich!

Mein innerer Zahlenstrahl verläuft von links vorne nach rechts hinten. Nach jeder Etappe von 10ern, 100ern, 1000ern, … fällt der Zahlenstrahl ein Stückchen tiefer. Das macht meinen Zeitstrahl sehr übersichtlich, aber mit normalen Zeitstrahlen komme ich auch gut klar. Muss ich auch, denn sonst wäre ich als Ingenieurin aufgeschmissen 😄

Mein Zeitstrahl der letzten Jahrhunderte und Jahrtausende verläuft etwas krumm und hat seinen höchsten Punkt im Jahr 1900. Ich selber bin im braunen Jahrtausend geboren. Die heutigen Millenials wurden alle im gelben Zeitalter geboren 😁

Mein Jahreskalender ist ein Kreis, bei dem Februar/März ganz oben sind.
All diese inneren Strukturen helfen mir, mich schnell in meinen Gedanken zurechtzufinden. Dadurch kann ich mir Dinge besser merken und manche Zusammenhänge leichter begreifen. Aber wehe etwas passt nicht in mein Gedankenmodell. Dann habe ich das Verständnis einer tiefgekühlten Erbse 😂