Synästhesie – Wie ich davon erfuhr

Dank eurem großen Interesse nun ein weiterer Beitrag zur Geschichte, wie ich von meiner Synästhesie erfuhr 😊

Im realen Leben habe ich bisher niemanden kennengelernt, der auch Synästhesie hat. Aber mit allzu vielen Leuten rede ich auch nicht darüber. Nur mit Leuten, denen ich vertraue oder die selber so wirken, als könnten sie Verrücktheit ganz gut ab. Die meisten Leute würden auch ganz schön dumm gucken, wenn ich sie fragen würde, welche Farben ihre Buchstaben so haben. Wenn die dann noch meine ungewöhnlich großen Pupillen bemerken… Ohoh Und von meinem inneren Schriftzug muss ich gar nicht erst anfangen.

Bis ich 15 Jahre alt war wusste ich weder was vom Begriff Synästhesie, noch fiel mir überhaupt auf, dass ich farbige Buchstaben habe. Es war mir einfach nie so bewusst. Ich habe damals gerne gechattet und da sagte so ein Typ, dass manche Buchstaben von ihm schwache Farben hätten und er Synästhetiker sei. Ich denk so kurz nach und dann fällt mir auf: Moment, ein paar Buchstaben? Ne. ALLE Buchstaben haben Farben. Kräftige Farben. Schöne Farben. Moment. Und warum fällt mir das jetzt erst auf? Wie konnte mir das vorher nicht auffallen. Und Moment, das ist auch gar nicht normal?

Alle Freundinnen angerufen. Ne. Ist nicht normal. Okay. Hm. Nicht schlimm. Bunte Buchstaben sind cool.
Habe mich gefragt, ob ich diese Farben spontan erfunden habe. Wie sonst hätten die mir so lange nicht bewusst sein können. Dann habe ich meine alten Stundenpläne angeguckt. Alle Fächer immer bunt umkringelt. In den richtigen Farben. Ok, also keine spontane Erfindung von mir, sondern schon immer so da gewesen. Und jetzt verstehe ich auch, warum ich das verhasste Sport zwar immer mit Schwarz umkringelt habe, aber etwas in mir sich immer gegen Schwarz gewehrt hat. Sport ist nämlich eigentlich gelb.

Es vergingen ein paar Wochen. Ich las viel im Internet über Synästhesie, machte Onlinetests um mich zu bestätigen. Ich erfuhr, dass viele Synasthetiker bei Musik oder Worten Formen und Farben sahen.

Irgendwann saß ich gedankenverloren grübelnd rum und fragte mich mal wieder, wie zum Kuckkuck manche Synästhetiker zB bei einem A ein gelbes Quadrat sehen konnten. Das machte doch gar keinen Sinn, weil man das A ja schon an sich als Buchstaben immer vor sich sieht. Dann kann man ja schlecht gleichzeitig noch eine Form wie zb ein Quadrat sehen. Diesmal kam mir plötzlich ein beunruhigender Gedanke… Ich fragte mich was ein Mensch denn statt Buchstaben gesehen hat, bevor er gelernt hat zu schreiben. Dann fiel mir auf, dass auch ich irgendwann Schreiben gelernt habe und davor ganz gewiss keine Buchstaben gesehen haben kann, weil ich sie ja noch nicht kannte. Dann kam mir der sehr beunruhigende Gedanke, dass es nicht normal ist, dass man wann immer man etwas denkt oder hört, die Worte als Buchstaben vor sich sieht.

In dem Moment bekam ich Angst. Der innere Schriftzug macht mein komplettes Denken aus. Ich BIN dieser Schriftzug. Ohne diesen Schriftzug bin ich nichts. Ich fragte alle meine Freunde. Niemand hatte diesen Schriftzug. Ich fragte im Internet. Fragte in Foren für Synästhetiker. NIEMAND hatte diese Schriftzug und auch noch nie davon gehört.

Das fand ich unangenehm. Ich wollte, dass das jetzt bitte aufhört und ich normal bin wie alle anderen. Aber sobald ich das dachte, sah ich den Schriftzug „Geh weg, ich will normal sein.“ vor mir. Naja ließ sich ja nicht ändern. Habe mich wieder abreagiert und finde es jetzt auch genauso cool.
Der Schriftzug macht meine komplette Art zu Denken aus. Und ich bin ganz gut im Denken, also hilft es ja scheinbar.

Jahre später habe ich davon gelesen, dass ein kleiner Anteil an Synästhetikern auch diesen inneren Schriftzug haben. Manche haben den Schriftzug aber nicht so wie ich 10-50 cm vor mir, sondern HINTER sich. Ist das nicht völlig bekloppt? Der muss natürlich vorne sein. Alles andere wäre nicht normal!! 😂😂😂


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