„Entspann dich mal“
ICH BIN DOCH ENTSPANNT, MAN !!!1!111
Auf Befehl entspannt zu sein, klappt genauso gut wie nicht an diesen rosa Elefanten zu denken, an den ich jetzt gerade natürlich denke.
Noch besser (überhaupt nicht!!) klappt es, entspannt zu sein, wenn man dem Befehl noch ein paar Drohungen hinzufügt, um die Wichtigkeit des Entspanntseins noch zu betonen.
Du musst entspannt sein, sonst…
… wirst du nicht schwanger. (Stress ist ganz schlimm für die Fruchtbarkeit.)
… kriegst du keinen neuen Partner. (So verzweifelt wie du bist, vergraulst du ja jeden potentiellen Partner.)
… wird oder bleibt dein Kind ein Schreibaby. (Mit solchen Eltern MUSS ein Kind ja unentspannt sein.)
… wirst du diesen wichtigen Vortrag extrem verkacken.
Das gemeine ist, dass man in solchen Situationen ja sowieso schon hohen Leidensdruck hat (starken Kinderwunsch, Einsamkeit durch fehlenden Partner, unerträglichen Alltag durch ein Schreibaby, Versagensangst). Zusätzlich zu diesem Leidensdruck kommt durch ein „Entspann dich mal“ der Druck, selber schuld an der Situation zu sein. Wenn man einfach mal entspannt wäre, gäbe es die Probleme nicht.
Dabei ist in vielen Situationen gar nicht die fehlende Entspanntheit der Grund für die schlimme Situation. Man ist also gar nicht „schuld“
- Laut diversen Studien mindert normaler Alltagsstress die Fruchtbarkeit nicht, sondern sorgt nur für selteneren Sex, weil man mit Stress natürlich weniger Lust hat. Nur starke Mangelernährung und extrem starke Depressionen haben einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit.
- Aus einem Schreibaby wird nicht ein zufrieden glucksendes Baby, nur weil man einfach mal entspannt ist.
Und selbst wenn es Situationen gibt, wo die eigene Entspanntheit helfen würde – Was bringt mir das, wenn ich nicht auf Befehl entspannt sein kann?
Falls es Menschen gibt, die auf Befehl entspannt sein können: Hut ab. Also ich kann das nicht. Und sich Druck zu machen, jetzt sofort unbedingt entspannt zu sein, ist völlig unnötiger Druck, der noch zusätzlich unentspannt macht.
Wenn ich mich mit einer Situation arrangiere, kann ich beginnen mich zu entspannen. Vielleicht schaffe ich es, die Situation so zu akzeptieren wie sie ist. Wenn ich mich mit der Situation nicht abfinden kann, hilft es vielleicht Trost, Verständnis und Unterstützung von Freunden und Familie zu bekommen.
Deswegen würde ich mir in solchen Situationen kein „Entspann dich mal“ wünschen, auch wenn es gut gemeint ist. Sondern lieber ein „Hey, ich bin für dich da, wenn du mal reden willst oder ich dir mal was abnehmen soll.“ Das sorgt nämlich eher für eine Verbesserung statt zusätzlichem Druck.